Während wir täglich zwischen zwei Ländern balancieren, stoßen wir oft auf Herausforderungen: Wie beantrage ich ein Dokument? Wem kann ich eine Vollmacht geben? Wie kann ich den Eltern helfen – und das alles aus Hunderten von Kilometern Entfernung? Die Plattform Dijaspora Servis entstand genau aus diesem Bedürfnis: Alltägliche Verpflichtungen gegenüber der Heimat sollen nicht zum Stressfaktor werden.

Wir sprachen mit Milica Jovičić, der Ideengeberin hinter dieser innovativen Plattform, über die Anfänge, das Angebot von Dijaspora Servis und die Zukunftspläne.

YUga: Wie entstand die Idee für Dijaspora Servis?

    Milica: Um ehrlich zu sein, aus einer ganz persönlichen Not heraus. Ich selbst stand vor der Situation, Dinge in Bosnien und Herzegowina regeln zu müssen, während ich im Ausland lebte. Auch Freunde und Familie brauchten oft Hilfe von dort – immer dasselbe: telefonieren, bitten, warten – alles dauerte ewig, und der Stress wuchs. Da fragte ich mich: Warum gibt es nichts Professionelles, Organisiertes, das Menschen im Ausland das Leben erleichtert? Nach meiner Rückkehr nach Bosnien nahm die Idee Gestalt an – Schritt für Schritt entstand Dijaspora Servis aus einem echten, persönlichen Bedürfnis. Und bald merkte ich, dass viele andere dasselbe brauchten.

    YUga: Wie sah der Anfang aus? Gab es Hürden?

    Milica: Ich hatte großes Glück – es gab gleich zu Beginn viel Interesse und Menschen, die mir vertrauten und mir eine Chance gaben. Natürlich waren unsere Kapazitäten anfangs sehr begrenzt, also war es auch für mich eine große Herausforderung. Ich habe viele Freunde, Kolleginnen und Verwandte einbezogen – gemeinsam haben wir den Start gemeistert. Wichtig war (und ist), dass der Service schnell, qualitativ hochwertig und die Kommunikation klar und effizient ist.

    YUga: Wer steckt hinter der Plattform? Gibt es ein Team in BiH?

    Milica: Unser Kernteam besteht aus drei Personen und zwei weiteren Partnern, die sich um Planung kümmern. Darüber hinaus verfügen wir über ein Netzwerk von rund 112 Unternehmer:innen aus ganz Bosnien und Herzegowina, die verschiedene Dienstleistungen abdecken und flexibel auf die Anfragen unserer Kund:innen reagieren können. Egal ob Geburtsurkunde, Transport, Notar, Anwalt, Arzt, Handwerker oder Versicherung – wir organisieren schnell und zuverlässig. Die Bezahlung erfolgt direkt über die Plattform. Besonders wichtig: Wir behalten das Geld ein, bis sowohl Kund:in als auch Dienstleister:in bestätigen, dass alles in Ordnung ist – das ist unser integrierter Qualitätscheck.

    YUga: Welche Probleme möchten Menschen aus der Diaspora am häufigsten über eure Plattform lösen?

    Milica: Meistens sind es Dinge, die sich angesammelt haben, weil man sie niemandem anvertrauen kann – Dokumentenbeschaffung, Vollmachten, Erbschaften, Hilfe für alleinstehende Eltern… Viele merken erst, wie viel leichter es gehen kann, wenn sie uns kontaktieren..

    YUga: Auf welche Dienstleistung seid ihr besonders stolz?

    Milica: Besonders stolz bin ich auf die Möglichkeit, Menschen zu helfen, wichtige administrative und persönliche Angelegenheiten in BiH zu regeln – ohne selbst anreisen, Geld oder Zeit verschwenden zu müssen. Am häufigsten wird der Service zur Dokumentenbeschaffung und für Vollmachten genutzt. Doch noch wichtiger ist der emotionale Aspekt: Menschen suchen nicht nur Papiere – sie suchen Sicherheit, Erleichterung und Kontrolle über ihr Leben. Viele berichten, sie hätten jahrelang Dinge aufgeschoben – aus Angst vor Konflikten, Unsicherheit oder Überforderung.

    Als Psychologin weiß ich, dass es sich hier um klassisches „Vermeidungsverhalten“ handelt – man schiebt Dinge auf, die Stress verursachen. Das führt mit der Zeit zu chronischer Anspannung, Hilflosigkeit und familiären Konflikten.

    Deshalb nutzen viele – vor allem junge Menschen, die gerade erst ausgewandert sind – auch unsere psychotherapeutischen Angebote in ihrer Muttersprache.

    YUga: Ihr bietet auch Kontakt zu Fachleuten – wie funktioniert das?

    Milica: Das ist eine der Dienstleistungen, auf die wir besonders stolz sind. Es ist sehr schwer, aus dem Ausland verlässliche Fachleute in BiH zu finden. Ob juristische Beratung, Verwaltung oder andere Anliegen – wir haben ein geprüftes Netzwerk an Expert:innen. Die Nutzer:innen schildern uns ihr Anliegen, und wir vermitteln innerhalb weniger Tage gezielt den oder die passende Ansprechpartner:in. Es handelt sich also nicht um eine bloße Liste, sondern um eine persönliche, geprüfte Vermittlung – Qualität und Vertrauen stehen bei uns an erster Stelle.

    YUga: Gibt es Kooperationen mit Institutionen in BiH?

    Milica: Derzeit liegt unser Fokus auf direkter Unterstützung über persönliche Kontakte und unser Netzwerk. Aber wir stehen bereits im Austausch mit bestimmten lokalen Behörden und möchten diese Zusammenarbeit ausbauen – vor allem, um bürokratische Abläufe für die Diaspora zu erleichtern. Institutionelle Unterstützung kann sehr hilfreich sein, aber unser Ziel ist es, flexibel und schnell zu bleiben.

    YUga: Kennt die Diaspora solche Angebote überhaupt? Habt ihr Aufklärungsarbeit zu leisten?

    Milica: Ja, definitiv – da gibt es noch viel Potenzial. Viele im Ausland glauben, dass nur Verwandte oder Bekannte helfen können. Das führt oft zu Missverständnissen oder gar zu Ausnutzung. Wir zeigen: Es gibt eine dritte Option – professionell, schnell und sicher. Die Herausforderung ist, das Bewusstsein dafür zu schaffen. Viele glauben erst, wenn sie es selbst erlebt haben. Deshalb setzen wir auf Erfolgsgeschichten und konkrete Ergebnisse.

    YUga: Gibt es eine Erfahrung mit Klienten, die euch besonders bewegt hat?

    Milica: Es gibt viele, aber eine Familie aus Schweden hat uns besonders berührt. Sie kämpften seit Jahren mit einem Erbschaftsproblem in BiH – ohne Erfolg. Nach der Vermittlung über uns war das Problem innerhalb weniger Wochen gelöst. Die Dankbarkeit und Erleichterung, die sie uns zurückgespiegelt haben – das war für uns ein starkes Zeichen, warum wir das alles machen.

    YUga: Was motiviert dich persönlich, weiterzumachen?

    Milica: Die Geschichten der Menschen – und die Gewissheit, dass wir eine Brücke zur Heimat bauen. Ich weiß, wie viel Frust und Hilflosigkeit es mit sich bringt, Dinge aus dem Ausland regeln zu müssen. Wenn ich sehe, dass wir Zeit, Geld und Nerven sparen und ein Gefühl von Sicherheit geben konnten – das ist unbezahlbar. Ich bin überzeugt: Die Diaspora verdient professionelle Unterstützung – nicht nur Hilfe „über Beziehungen“.

    YUga: Wie soll der Service künftig wachsen? Andere Länder? Neue Angebote?

    Milica: Unser Ziel ist es, auch in andere Länder der Region zu expandieren (aktuell arbeiten wir nur in BiH). Das Geschäftsmodell steht bereit. Die Probleme sind überall gleich – viele Menschen verlassen ihre Heimat und brauchen Unterstützung. Auch unser Dienstleistungsangebot erweitern wir laufend. Wir hören auf unsere Nutzer:innen und passen die Plattform täglich an.

    YUga: Welche Botschaft hast du für all jene im Ausland, die sich bisher nur auf Verwandte verlassen?

    Milica: Meine Botschaft ist: Ihr müsst nicht alles über Verwandte oder Freunde regeln – das ist nicht immer der effizienteste oder beste Weg. Dijaspora Servis bietet eine professionelle Alternative, die Zeit spart und Stress reduziert. Wir bieten Sicherheit, Transparenz und echte Lösungen – mit einem menschlichen, verständnisvollen Ansatz.

    YUga: Wie kann man euch erreichen und die Plattform nutzen?

    Milica: Ganz einfach – alle Infos gibt es auf unserer Website dijasporaservis.ba. Man kann uns per E-Mail oder über soziale Netzwerke kontaktieren oder direkt das Formular zur Registrierung ausfüllen. Danach melden wir uns, und in wenigen Tagen gibt es ein konkretes Ergebnis oder die passende Fachperson. Unser Ziel ist ein schneller, transparenter und nutzerfreundlicher Ablauf.


    Wir danken Milica Jovičić für das Gespräch und das Engagement, mit dem sie die Diaspora mit der Heimat verbindet. Die Plattform Dijaspora Servis zeigt: In den richtigen Händen kann moderne Technologie eine unsichtbare Brücke zwischen Menschen, Werten und Alltagsverpflichtungen sein – ganz ohne Stress und Warteschlangen.

    Interview geführt vom YUga-Team


    Lesen Sie noch: Fragen sie den Anwalt: Yuga fragt – der Anwalt antwortet